Umwelt und Verbraucher, 24.9.2007

Red. Georg Ehring

 

 

Nicht alles Gold, was glänzt – Erneuerbare Energien in Indien

von Rainer Hörig, Pune, Indien

 

  

Take 1: G.M. Pillai Int. 2007/05 B 280

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Zitator:

„Seit vier bis fünf Jahren entwickeln sich erneuerbare Energien hier rasend schnell. Den Vorreiter spielt die Windenergie, aus dem einfachen Grund, weil sie wirtschaftlich konkurrenzfähig ist, also auch in puncto Kosten konventionelle Energiequellen in den Schatten stellt. Indien ist heute der Welt viertgrößte Erzeuger von Windenergie!“

 

Autor:

Madhusoodan Pillai versteht sich als Trendsetter. Mit seinem „Welt-Institut für nachhaltige Energien“ will er Regierung und Öffentlichkeit von den Vorteilen erneuerbarer Energien überzeugen. In Indien drehen sich schon Tausende von Windkrafträdern, kochen Millionen von Bäuerinnen mit Biogas das Essen, nutzen viele Haushalte Solaranlagen zur Heißwasserbereitung. Die Regierung fördert das Anpflanzen ölhaltiger Jatropha-Bäume, um aus ihren Früchten Biodiesel zu gewinnen. Doch nicht der Umwelt zuliebe ist Indien einer der führenden Produzenten erneuerbarer Energien in der Welt geworden. Das Land nutzt schlicht jede Möglichkeit, das chronische Energiedefizit zu lindern und abgelegene Dörfer dezentral mit kostengünstiger Energie zu versorgen.

 

Energiemangel bewog die indische Regierung schon in den siebziger Jahren, ein eigenes Ministerium für erneuerbare Energien einzurichten. Es fördert die Entwicklung und Anpassung neuer Technologien und subventioniert den Bau von Windrädern, Biogas- und Solaranlagen, kleinen Wasserturbinen. Immerhin decken diese erneuerbaren Quellen heute fast sechs Prozent des indischen Primärenergiebedarfs. Das große Geld fließt aber nach wie vor in den konventionellen Energiesektor, wird in große Staudämme, Kohlekraftwerke und Atommeiler investiert. Mehr als die Hälfte der Primärenergie wird in klimaschädlichen Kohlekraftwerken gewonnen, rund ein Viertel stammt aus Wasserkraftwerken, drei Prozent aus Atomkraftwerken. Während der letzten Weltklimaberatung im August in Wien kündigte die indische Regierung an, bis zum Jahr 2020 dreißig Prozent der Primärenergie aus eneuerbaren Quellen gewinnen zu wollen. Das Potential dafür sei durchaus vorhanden, meint der Lobbyist Madhusoodan Pillai.

 

Take 2: G.M. Pillai B 347

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Zitator:

“Alle erneuerbaren Energietechnologien zusammen, einschließlich der thermischen Solartechnik könnten in Indien viele hunderttausend Megawatt Strom produzieren. Erneuerbare Energien fristen kein Nischendasein mehr, sie sind in aller Munde!“

 

Autor:

Der Energieberater Pillai lobt die Unterstützung erneuerbarer Energien durch die indische Regierung, beklagt aber die ungerechte Verteilung von Subventionen, die den konventionellen Energiesektor und die Atomwirtschaft weit stärker fördern. Unbegrenztes Wachstum wird es auch für grüne Energien in Indien nicht geben.

 

Take 3: Atmo Demo

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Autor:

Kleinbauern protestieren gegen einen Windpark, der auf von ihnen bewirtschaftetem Land im Unionsstaat Maharashtra entstehen soll. Weiter nördlich, im Wüstenstaat Rajasthan, gehen Bauern gegen großflächige Pflanzungen des Ölbaumes Jatropha auf die Barrikaden, weil sie um ihr Gemeindeland fürchten. In beiden Fällen sollen Landressourcen, die die Armen zum Überleben brauchen, für erneuerbare Energieprojekte genutzt werden. Hier zeigt sich, dass grüne Energien kein Allheilmittel darstellen. Im großindustriellen Maßstab eingesetzt brauchen sie nämlich viel Platz, und der wird in Indien immer knapper. Umweltschützer wie Smitu Kothari befürchten, dass die Armen für den Schutz der Umwelt und den Profit einiger Firmen bezahlen sollen. Als Beispiel nennt er das Programm zur Förderung von Biodiesel.

 

Take 4: Smitu Kothari A 320

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Zitator:

„Mit einem Wort: das ist ein Desaster. Der Versuch, Benzin und Diesel durch Biokraftstoffe zu ersetzen, wenn man es in der beabsichtigten Größenordnung verwirklicht, benötigt Millionen von Hektar Land, um Jatropha-Bäume oder Zuckerrohr anzubauen. Indien hat bereits mit Getreidemangel zu kämpfen, besonders in den ärmeren Regionen. Und gerade in diesen Gebieten werden die neuen Großpflanzungen für Biokraftstoffe angelegt, in den Unionsstaaten Andhra Pradesh und Rajasthan. Es gibt schlicht keine überschüssigen Flächen, die niemand nutzen würde. Für die Biokraftstoff-Plantagen müsste man also fruchtbares Ackerland oder dörfliches Gemeindeland aquirieren. Letzteres wird jedoch zur Viehweide und zum Feuerholzsammeln genutzt. Wieder einmal sollen die Armen die Zeche zahlen, denn sie sind es, die das Gemeindeland zum Überleben brauchen.“